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San Vito lo Capo: Vielseitige Kletter-Hochburg im Nordwesten Sizilie

Dunkelblau und türkis schimmert das Meer, gelb leuchtend blüht die Wolfsmilch und orange die Ringelblumen daneben. Der Fels glüht nun im Abendlicht in honiggelb bis rostrot.

Wir sind zum Klettern hierhergekommen,  nach San Vito Lo Capo auf Sizilien. Erst nur einmal und dann immer wieder, denn es ist wirklich schön hier. Der Fels ist ein Traum für jeden Kletterer: schroffer Kalk, mal rau bis kratzig, mal in Sintern, dann wieder löchrig.

Sizilianisches Flair unterm Monte Monaco

San Vito lo Capo liegt an der Nordspitze jenes Landzipfels nördlich von Trapani, dessen Zentrum der Bergzug zwischen dem Monte Speziale und dem Monte Monaco bildet. Letzterer ragt hoch auf über der Stadt. Weiße Häuschen bilden darunter ein Schachbrett und der ebenfalls weiße Sandstrand ist jetzt im Winter beinahe menschenleer.

Wobei Winter nicht ganz richtig ist. Sizilien kennt eigentlich nur zwei Jahreszeiten: Den Sommer, ein monatelanger Glutofen, der beinahe alles verdorren lässt und den Frühling, wenn sogar die felsigen Regionen weiter im Inland sich ein grünes Kleid zulegen. Jetzt ist es Februar und alles steht in Blüte. Dazu der laue Wind von um die 25°C – ich fühle mich wohl.

Vom Geheimtipp zum etablierten Kletterspot

Am Fels war heute eine Menge los. Das ist kein Wunder, denn San Vito lo Capo ist unter Kletterern mittlerweile kein Geheimtipp mehr. Dennoch gibt es auf dem knapp 4 km langen Felsriegel zwischen Màcari und San Vito mehr als genug Platz für alle und mittlerweile an die tausend eingebohrte Routen. Weitere schöne Kletterspots ganz in der Nähe erweitern die Auswahl. Das Gedränge hält sich also in Grenzen.

Dafür ist der Wohlfühlfaktor umso größer, denn das Kliff zwischen Màcari und San Vito erhebt sich wenige Meter über dem Meer zum Plateau hin. So ist die Brandung und das Krächzen der Möwen die akustische Kulisse.

Ich hatte vor Jahren allen Mut zusammen genommen und mich endlich in den Vorstieg gewagt. Nun kann ich es kaum fassen, dass ich so lange gezögert habe. Der Fels ist griffig, die Absicherung perfekt – das ist pures Genussklettern.

In einer Kletterpause lassen wir die Beine im Meer baumeln. Und dann sehen wir sie: Eine Schule Delfine schwimmt im Abstand von ca. 100 m vom Ufer vorbei.

Das erste Naturreservat Siziliens

Das Zingaro-Reservat hatten wir uns vor ein paar Tagen angesehen. Auf Fußwegen geht es kilometerweit an der Küste entlang oder durch relativ ursprüngliche Natur direkt in die Berge hinauf, die hier bis zu  900 m hoch werden. Hier wachsen Zwergpalmen. Um die 40 verschiedene Vogelarten soll es auch geben. Die Palmen, an denen wir vorbeikommen, tragen Schwarz – die Spuren des letzten Flächenbrandes, der hier im Hochsommer vor ein paar Jahren gewütet hat. Fast wie ein Wunder wirken die grünen Knospen an den verkohlten Stämmen – absoluter Lebenswille.

Das Zingaro-Gebiet, so erfahre ich im Besucherzentrum, ist das erste Naturreservat Siziliens. Es wurde nach Bürgerprotesten gegen den geplanten Straßenbau zwischen Castellamare del Golfo und San Vito errichtet. Ein Glück, denn die zerklüftete Küste ist von anrührender Schönheit.

Allgegenwärtig: Der Monte Cofano

Ebenfalls atemberaubend schön ist die Aussicht vom Monte Cofano. Da waren wir gestern. Fährt man in Castelluzzo ans Meer und dann noch ein wenig nach Westen, so erhebt sich am Ufer einer der vielen Tonnara die es rund um San Vito noch gibt. Gleich daneben startet ein Wanderweg, der hinauf auf den Cofano führt.

Bis vor einigen Jahren wurde in dieser Gegend noch aktiv Thunfischfang betrieben. Die Tonnara – robuste Türme von etwa 20 m Höhe – überall an der Küste, dienten dabei als Ausguck, um die großen Schwärme auszumachen. Heutzutage bleiben die Schwärme aus. Die Überfischung zwingt ehemalige Fischer zum Umlenken. Der Tourismus, die Olivenernte und der Marmorabbau sichern jetzt das Überleben.

Für heute haben Richy und ich genug geklettert. Wir packen zusammen. Dann geht es zu jenem hübschen Lokal, wo wir mit Couscous, Caponata und zum Abschluss Limoncello verwöhnt werden. Das Leben kann so schön sein.

Artikel von: spaetevoegel.de

Von Un Mare di Blu|Natur|0 comment

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